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Eine Vielfalt, die Toleranz erfordert

Veröffentlicht am 27.10.2017

Presse: URL: http://www.swp.de/geislingen/lokales/geislingen/kuenstler-setzen-sich-mit-dem-satz-_hier-stehe-ich_-auseinander-15772085.html

http://www.swp.de/geislingen/lokales/geislingen/eine-vielfalt_-die-toleranz-erfordert-15793355.html

Ausstellung: Eine Vielfalt, die Toleranz erfordert

Gerlinde Hühn würdigt bei ihrer Einführung in die Ausstellung „Hier stehe ich“ im Paulusgemeindezentrum in Geislingen den Mut der 16 beteiligten Künstler.

Bettina Verheyen | 26.09.2017
Eine Ausstellung zum Thema „Hier stehe ich“ ist jetzt immer sonntags im Paulusgemeindezentrum zu sehen.  Foto:  Alexander Jennewein

Schön. So fasst Gerlinde Hühn, Dekanin im Ruhestand, das zusammen, was für sie die Ausstellung mit dem Thema „Hier stehe ich“ im Geislinger Paulusgemeindezentrum ausmacht: eine Vielfalt, die von den Betrachtern Toleranz erfordert. 16 Künstler aus Geislingen und Umgebung haben zu diesem Thema Bilder oder Skulpturen geschaffen. Der Satz „Hier stehe ich“, bei dem viele an Martin Luther denken, könne auch ein recht selbstbewusster Satz sein, erläuterte Hühn; ein Satz, mit dem sich ein Mensch in die Welt, vor andere, vor sich selbst hinstelle. In der Ausstellung bedeute „Hier stehe ich“ auch den Mut haben, seine Bilder zu zeigen und sich einem kritischen Publikum auszusetzen.In ihrem Vortrag griff Hühn aus den 31 ausgestellten Werken einzelne Beispiele heraus und machte so die Facetten des Satzes „Hier stehe ich“ deutlich. So wies sie auf Regina Menzels Triptychon hin, auf dem diese über jedes der drei Wörter meditiert, und machte sich selbst Gedanken über die Figur des „Erlkönigs“ von Veronika Missel (“... fester Stand und undefinierbares Gewand ... Die Gestalt gibt uns einiges zum Nachdenken.“)

In einigen Werken macht Hühn das Thema „Stehen“ aus. Die Ausstellung zeigt „Holzfiguren, die stehen“, einen – gemalten – Pfahl, eine kleine Kirche in den Anden, die dort „steht“ und Gott bezeugt.

Wieder andere Bilder denken über Luther nach, dem vermeintlichen Urheber des Satzes „Hier stehe ich“. Da gehe es um dessen geistliche Biografie (die Acrylbilder „Verzweiflung“, „Befreiung“ und „Im Strudel der Geschehnisse“ von Winni-Sophie Gunzenhauser), um Luther, der dem Volk aufs Maul schaut und um Luther, wie er dasteht (zwei Aquarelle von Rolf Häring) oder um zwei seiner grundlegenden theologischen Prinzipien (“Solo Christus – Allein Christus“ und „Solo Gratia – Allein durch seine Gnade“ (Mischtechnik-Gemälde von Andrea Schlegel). Auseinandersetzung mit Luther sieht Hühn auch in den Exponaten von Christel Fuchs, Rüdiger Kircher und Artur Goldgräbe.

Ausgehend von Verena Menzels Plakat mit Selfies erinnerte sich Hühn an eine eigene Erfahrung mit der „Selfie-Manie“: „Kaum konnte ich den Dom von Modena fotografieren vor lauter Selfie-maniacs.“

Hermann Dölger fordere mit seinem Selbstbildnis, das ihn „nackt wie Gott ihn geschaffen hat“ zeigt, den Betrachter auf, die verschiedenen Deutungs- und Bezugsebenen inhaltlich zu füllen, meinte Hühn. Sie ging auf die Nacktheit als Symbol für Unschuld und Unbewusstheit, aber auch als ein Zeichen der Armut und teilweise der Schande ein. Ihre Interpretation: „So wie der Maler sich selbst im Grund nur als Umriss darstellt, so können wir das Bild mit Inhalt füllen. Gemaltes und Gedachtes sind aufeinander bezogen.“

Weitere Künstler, die Hühn nicht namentlich erwähnt hat, sind Peter Kontermann (drei Holzskulpturen), Iris Kopp (Acrylbild), Monika Gunzenhauser (drei Mischtechnik-Bilder), Ute Grimm (zwei Mixed-Media-Bilder), Petra Elsner (zwei Acrylbilder) und Gisela Weiß (zwei Acrylbilder).

Im zweiten Teil ihres Vortrags setzte sich Hühn mit dem Satz „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ auseinander, den Luther angeblich 1521 auf dem Reichstag in Worms gesagt haben soll. Luther dachte, er sei vorgeladen worden, um seine neuen theologischen Erkenntnisse zu vermitteln, dagegen sollte er lediglich seine ketzerischen Ansichten widerrufen. Luthers Weigerung, so einer von Hühns Schlüssen, sei zweifellos ein Meilenstein auf dem Weg zur Gewissens- und Glaubensfreiheit.

Info Die Ausstellung ist immer sonntags nach dem Gottesdienst zu sehen (10.45-12 Uhr) sowie nach Vereinbarung unter Tel. (07331) 9 80 47 47.